lundi 21 novembre 2022

November

Wie immer an Allerheiligen, waren wir auf dem Friedhof. Es war kalt. Wir standen 16 Leute zusammen und jeder von uns frohr auf seine Art. Winzige transparente Perlen aus feinstem Nebeltaukristall hafteten auf den großen, weißen Chrisanthemenblüten und glitzerten im Kerzenlicht. Dieses Jahr wurde mein Vorschlag angenommen. Tante pflanzte sie in große Blumenschalen aus Ton. Schnittblumen sind tote Blumen. Ich mag sie lebendig. Vielleicht um mich meines eigenen Lebendigsein zu vergewissern. Der riesige burgundfarbene Samtrosenstock ist seit dem letzten Jahr üppiger geworden und er trägt noch ein paar winzige kraftlose Knospen die dieses Jahr nicht mehr aufgehen und nach dem ersten Rauhreif geschnitten werden. 

Nachdem der Priester die Gräber segnete und ein paar Worte mit uns wechselte, machten wir uns auf den Heimweg. Viele gehen noch ins Wirtshaus den ersten Glühwein zu trinken, um sich zu betrinken, um sich zuzusaufen. Manche sind unnatürlich ausgelassen fröhlich, andere sitzen in ihrer eigenen Agonie und andere lassen  Trauertränen regnen. 

Wir fuhren nach Hause und setzen uns für Espresso, Café au lait,  heiße Schokolade mit salted Caramel und Kuchen zusammen.

Renė hat wieder Sinn für die Liebe gefunden. Endlich hat er die Trennung und Scheidung überwunden und endlich habe ich wieder einen humorvollen, charismatischen und optimistischen Bruder. Sie ist seine Gefährtin und perfekt für ihn, sagt er. Ich hoffe sie kann mit seiner perfektionistischen Art gut umgehen. Bis anhin scheiterten einige. 

Während ich den Kleinen in den Schlaf wiegte fielen  mir Mamas Worte ein:

"Du ißt nicht alles, auch nicht wenn du Hunger hast. Sei mit dem Herzhunger auch wählerisch. Iß nicht alles wenn du Herzhunger verspürst. Sei wählerisch mit allen Sinnen. Erst wenn du richtig liebst, sag es diesem Menschen. Erst dann wenn dein Herz weiß was es will, solltest du es sagen." Wenn sie wüsste wie oft ich versagt habe.......

Mein Herzhunger war meine Traurigkeit. Unvollkommene Herzklappen, Menschen die meine Art liebten aber nicht mich, wenn ich schwächelte, Menschen die mitten auf dem Weg stehen blieben, Menschen die von einem Augenblick auf den anderen aufgehört haben zu leben. Verlust löste meinen Herzhunger aus, aber ich hatte gar keinen Appetit.

Noch sehen meine Augen die Nebeltaukristallperlen auf den Chrisanthemen. Deshalb mag ich solche Tage nicht. Ich fühle die leere Seite ganz intensiv und kann nicht weinen wenn alle um mich herum sind. Weinen will ich nur allein.

Meine Herztraurigkeit gehört mir. Man kann nicht alles teilen. 

Und ja, ich liebe diesen Menschen der mit seiner Sinnlichkeit, mit seiner Herzruhe, mit seinem ganzen Ich, nicht nur meinen Herzhunger stillt, sondern  meine Sinne anregt mein Herzfeuer immer wieder zu entfachen. 

Als wir anschließend um den Tag ausklingen zu lassen, allgemeinsam zu einem Wein und Käse ins Wohnzimmer gingen, war ich regelrecht erleichtert. Ich mag keine Unordnung.















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