"Warte mal ab, wenn ich groß bin, kaufe ich mir viele, ganz viele Tiere." sagte ich weinend und wütend.
Und plötzlich wurde es ganz still im Wohnzimmer. Eine enigmatische Stille, als hörte man ein Staubkorn auf den Teppich fallen.
Wenn Oma und Opa und alle anderen die zur Familie gehörten, sich im Wohnzimmer versammelten, war Familienrat angesagt. Wie im Parlament saßen die Erwachsenen bei Tee, Saft, Kaffee und frischem Gebäck da und debatierten über die Felder, über die Tiere und alles Drumherum. Wir Kinder rannten im Haus herum und spielten. Ab und zu nahmen wir uns ein Gebäckstück vom Teller und aßen es wie kleine hungrige Wölfe auf.
An solchen Tagen durften wir uns austoben. Sonst achtete man immer daraf, dass wir uns einen Kuchenteller nahmen, schön am Tisch saßen mit Kuchengalbel und Serviette und artig bis zum letzten Krümelchen aufaßen. Schmatzen "wie die Schweinchen im Stall" war verboten. Daher auch meine Phobie gegen Essgeräusche.
Oma wollte an diesem Tag die Pferde verkaufen. Alle beide. Ich möchte die Pferde nicht, also war es für mich mehr als in Ordnung, dass die Riesen mit den Hufen die egal wo sie standen und liefen, furzten und pissten wegkamen.
Aber bei den Lämmern, war es mir nicht egal. Die Lämmer waren kuschelig und verspielt. Ziegen und Schafe liebte ich, weil sie kuschelig waren, lustige Augen hatten und uns immer hinterher rannten.
"Aber ja!" sagte Oma laut mit herrschendem Ton. "Wenn du groß bist, gehst du in die Stadt zum Studium. Dann denkst du gar nicht mehr an das Landleben. Dann wirst du dich dafür schämen."
"Neiiiiiiiin! Nieeemaaaals!" heulte ich weiter.
Mit 7 Jahren verstand ich schon sehr viel vom Landleben. Man kauft und pachtet Land. Man kauft und verkauft Tiere. Trotzdem war es für mich schwer, das eine oder andere Tier hergeben zu müssen.
Den größten Teil ihres Lebens, hatte meine Großeltern als Halbpächter verbracht. Erst als ihre drei Mädchen erwachsen waren, haben sie sich Feld und Weingärten zugekauft und wurden selbsttändige Kleinbauern. Die Töchter zogen in die Stadt lernten Berufe. Meine Mutter war die erste in der Familie die studieren wollte und auch durfte.
Sie war der Stolz meiner Großeltern, so lange sie auf sie hörte und ihnen fast hörig war.
Sie hatte zwar viel Ahnung vom Landleben und half in ihrer Freizeit auf dem Hof mit, aber sie hasste Fliegen, Federn, Staub und Tiergerüche. Und das Landleben war eine Last die an ihr klebte bis sie gehen wollte, als das Leben langsam aus ihr wich. Als der Weg zur Dialyse mühsamer wurde und die Abstände zwischen den Behandlungen immer kürzer.
An diesem Tag wurde entschieden was verkauft und gekauft wird und ich konnte mir die Augen ausweinen.
"Wirst mal sehen was ich dir Schönes kaufen werde." versprach Opa.
Opa der leise, wortkarge Mensch, nahm ich in seine Arme und küsste mich ins Haar. Er küsste mich immer auf den Kopf. "Damit du groß wächst und gut lernst."
Ich war untröstlich. "Scheiß drauf!" schrie ich.
"Bist du jetzt still! schrie Opa. Er konnte es nicht ausstehen wenn jemand schimpfte oder fluchte, oder wenn jemand schlecht gelaunt ist. "Du bist eine Hexe wie deine Oma. Von der hast du das Fluchen her!"
Opa war selten wütend und ich liebte ihn abgöttisch und wollte ihn nicht verärgern.
"Pardon! " entschuldigte ich mich weinend.
Vergessen waren die Lämmer als eine unserer Kühe ihr Kalb bekam. Eines Nachmittags als die Bäume in Blüte standen und der Maiglöckchenteppich im Vorgarten blüte und fein duftete streunten mein Zwillingsbruder und ich mit dem Fahrrad bei den Ställen herum.
Der Kuhstall war renovierungsbedürftig. Man hätte ihn glatt für eine Ruine halten können.
"Komm hilf mir!" sagte ich zu meinem Brude lachte sier.
"Was hat Oma gesagt? Bei den Ställen haben wir nichts verloren." antwortete er.
"Hilfst du mir oder nicht?" fragte ich ruppig.
" Eine Woche bekomme ich deine Süßigkeiten." Er aß gerne Süßigkeiten und mir wurde von Süßigkeiten übel. Ich aß sie einfach nicht mehr.
Zusammen öffneten wir die schwere Stalltür.
Wir standen vor einer Kuh. Espressofarben mit weißen Flecken und verträumten glücklichen Augen.
Offenbar hatte sie vor wenigen Stunden ihr Junges bekommen, das zu ihren Füßen lag und friedlich schlummerte.
Die Kuh sah uns an und schnaubte. Als wollte sie uns warnen.
"Bleibt ja da wo ihr seid. Ihr könnt euch meinen Jungen ansehen, aber berührt ihn ja nicht."
Sie war nicht aggressiv, eher stolz, majestätisch und entschlossen ihr Kalb zu beschützen. In ihren Augen war das ganze Universum sichtbar. Es war Verwunderung, Freude, Erhabenheit und Glück zu sehen.
Wir wussten wir müssen uns zurückziehen.
Schnell wie wir es mit unsere kurzen Beinen konnten, radelten wir nach Hause.
Wir erzählten Opa vom Kalb. Opa wusste noch nicht bescheid.
Oma schimpfte aussahmsweise nicht mit uns.
Sie füllte einen Eimer mit warmen Wasser und nahm ein paar alte Handtücher aus der Truhe und rannte zum Stall. Wir durften zusehen wie sie der Kuh "Wochenbetthygiene" machte.
Begeistert sah ich zu.
Ich beschloss Tierärztin zu werden.
"Dann darfst du keine Angst vor Pferden haben und dich nicht ekeln." lachte Oma verschmitzt.
Daraus wurde nichts. Ich zog weg. Alle zogen weg. Nur Oma und Mama blieben. Und sie kämpften sich durch. Als Oma keine Kraft mehr hatte, verkaufte sie die meisten Tiere.
Sie trennte sich ebenso schwer wie ich von ihnen.
Die Ställe zu restaurieren war und ist eine der schwersten Aufgaben des Landlebens.
Als Oma von uns ging, überkam mich ein Gefühl der Trostlosigkeit. Ich war da nicht mehr zu Hause. Vielleicht ist es so, dass die Natur sich alles zurücknimmt. Wehe man hält inne, pflanzt und erntet nichts mehr, breitet sich die Natur darüber aus und verschlingt alles. Brennnesseln und Brombeeren wucherten in den Ecken des Gartens, die Felder wurden von Unkraut und Dornen überwuchert.
Wenn du inne hältst wird du überrannt.
Das zeigt die Natur und es liegt auch in der Natur der Menschen. Nicht innehalten. Man muss weitergehen, weiterwachsen, sich verändern.
Die Restaurierung geht nur sehr langsam voran. Der romantische Kindertraum "Ich kaufe mir viele Tiere" wird vielleicht nicht in Erfüllung gehen. Einen Teil der Ställe werde ich behalten, andere abreißen und neu aufbauen. Nur einen winzigen Teil, damit ich nicht ganz entwurzelt bin.
Neue Wurzeln zu schlagen fiel mir anfangs schwer. Nun habe ich neue Wurzeln geschlagen die sich immer mehr festigen. Und nach wie vor pendele zwischen zwei Ländern und zwischen zwei Sprachen hin und her.
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L' instantané reste provisoire comme le présent de la vie, les émotions. les sensations avec des spontanéité et sensibilité fragile, fugace et vivace. Je cherche entre les mots le passage vers l’ultime... silence. Laissez votre coeur trouver son chemin.
mardi 6 février 2018
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