mardi 24 octobre 2017

 Ich habe Nachtdienst und es ist vor Mitternacht immer etwas ruhiger. Nach der Schichtverlaufbesprechung und der OP-Planäderung(wieder fehlt jemand und das Team muss neu aufgeteilt werden) eilten alle in den Aufenthaltsraum um sich mit Kaffee und Tee und Süsskram zu versorgen.
Was gibt es heute?
Appendix, Galle, Gallem Varizen, diagnostische Laparoskopie. Nicht viel aber dabei wird es nicht bleiben. Mit drei Teams und einem Notfallteam schaffen wir es locker durch die Nacht.
Die Assistenzärztin in meinem Team, etwas zu laut und zu schrill für meine Ohren, hat ihre kurzen Haare dunkelrot gefärbt. Steht ihr nicht.
Sie hält mir von rechts einen Becher Kaffee unter die Nase.
"Haben wollen?" grinste sie.
"Danke, lieb von dir, aber ich möchte keinen Kaffee." Ich muss immer wieder lachen. Ich werde mich nie an diese Spar-Sprache gewöhnen. Irgendwie sprechen hier fast alle diese Sparsprache.
Ich weiß nicht ob der Kaffee zu heiß ist oder es ihre Art ist Kaffee zu trinken, aber sie schlürft.
Eiskalt läuft mir etwas über den Rücken. Ich kann das Schlürfen nicht ausstehen. Ich kann bestimmte Essgeräusche wie Schlürfen, Schmatzen und Zusammenbeissen wie ein Ferkel den Mais zusammenkracht nicht ausstehen.
Der Sandmann und die OP-Schwester gesellen sich zu uns. Nach einer kurzen OP-Besprechung bewegen wir uns in den Waschraum vom OP -Saal 8.
"Der ist immer gut frisiert und unglaublich gut riechend. Nach Sonne, Meer und Männlichkeit. Yummie!"schwärmte die Assistenzärztin und meinte damit den Sandmann. " Nach Sonne, Meer und Männlichkeit. Yummie!"
Ich mache mir keine Gedanken, wer wie frisiert ist oder wer, wie gut er riecht.
WieWildArmeUndHändeEinseifend Assistent im P-Jahr -„Oh mein Gott – Frau Dr! Ist heute mein Glückstag? SIE operieren MIT MIR? Ich habe gehört Sie sind sehr nett.“
Die Tratschtrommel funktioniert immer noch richtig gut, wie es scheint. 
Mit glühenden Wangen pumpe ich Seife auf meine Handfläche, und verreibe die glibbrige Masse gleichmässig auf Unterarme und Hände.
„Ja, so steht es zumindest auf dem Plan“
"Das ist TOLL! Sie machen die OP, das wird großartig!“
Ich denke, ob der Furzkopp nicht endlich aufhören kann zu schwätzen. 
Klären wir doch erst einmal den medizinischen Fachjargon: In einem OP gibt es gemeinhin den Anästhesisten. Gasmann, Sandmann, usw
Der macht  – Anästhesie. Narkose. Schlaf. Dem Sandmann
beigestellt ist in der Regel eine anästhesistische Fachkraft, die beim anästhesieren und intubieren assistiert, ausserdem die Zeitung holt, das Brötchen schmiert, Kaffee umrührt. Ja nein, das bestimmt nicht.
Das Anästhesisten-Team knippst dem Patienten vor jeder OP temporär das Licht aus, sieht dann zu, dass dies unterwegs (= für die Dauer des Eingriffes) so bleibt, und macht eben jenes Licht nach Beendigung der Operation wieder an. So die Götter oder Gott und der Operateur es zulassen…
Dann gibt es das OP-Pflegepersonal, bestehend aus einer (steril gewaschenen) Instrumenten-Pflegefachkraft und einem (unsterilen) Springer. Die Instrumenten-Tante (Respektive: -Onkel)hat ein bis viele (sterile) Tische, auf denen die jeweiligen Instrumente liegen, die für die gerade durchgeführt Operation gebraucht werden. Sie ist dafür zuständig, dass der Operateur genau das bekommt, was er gerade braucht. Oder will. Oder glaubt zu brauchen! Letzteres kann dann auch gerne mal in längere Diskussionen ausarten.
Der Springer seinerseits sorgt für Nachschub am Tisch, stellt ausserdem das Licht ein, wechselt die CDs, sagt den Leuten im Nachbar-OP, dass sie leiser (oder lauter) singen/streiten/lachen/fluchen sollen, klärt wichtige Fragen, wie z.B. die Wettervorhersage fürs Wochenende (gerne kooperativ mit der Anästhesie, die fast immer ein iPhone oder iPad dabei hat) und lässt bei längeren Eingriffen vorne alle wissen, dass es länger dauern wird.

Dann steht sie noch neben meinem Ohr im OP.
"Geht es?" schrillt es an meinem Ohr.
"Es geht gut" Was erwartet die denn? Ich bin immer kurz angebunden wenn ich konzentriert bin.

"CO2  anschließen! Aufdrehen! Mehr! Fertig. Verres-Nadel zurück! Troikar…“ Alle sind fit und hochkonzentriert. „Verdammte Kacke das!“ während D... nur ehrfürchtig „FreakyMonday“ murmelt…

Das Bild auf dem Fernseher zeigt nämlich die Bauchhöhle unserer Frau, wo in einem Meer glänzender Darmschlingen warm und geborgen eine kleine, vorwitzige Zyste geborgen zu werden wartet, ja nein, wir befinden uns gerade life und in Farbe in dem wahrscheinlich schönsten, saubersten, rosafarbenes Stück Dünndarm, den ein OP-Team je am FreakyMonday gesehen hat…

Ein Troikar in der Aorta (große Bauchschlagader) macht macht mir deutlich Kopfschmerzen. Anschließend entferne ich schweigend – die gut fünf Zentimeter große, unauffällig ausschauende Eierstockszyste der Patientin und nach nicht einmal zwanzig zusätzlichen Minuten ist der Bauch sauber verschlossen, vernäht und verpflastert.
Los – raus hier! In Fünfzehn Minuten geht es weiter! Auf: Pipi Machen, Essen fassen, Kaffee trinken, wieder kommen!“


Keine zwanzig Minuten später stehe ich dann tatsächlich, steril verpackt, am Tisch und blitze den Assistenzart vom 2.Team über die schlafende Patientin hinweg böse an: „Was soll das? Warum grinsen Sie?“

"Weil ich vom Zwerg nur die Augen sehe….?"
"DU Arschloch!!" schreie ich.
Ich messe nun einmal von der Sohle bis zum Scheitel keinen Millimeter mehr als 1,60 m. Der Operationstisch ist ungefähr einen Meter zwanzig hoch, die Frau darauf nochmal um die Vierzig Zentimeter (ja – zierlich ist anders).
"Au weia – jetzt ist er nicht mehr sauer, jetzt wird er gleich tollwütig…" stichelte dieser Waldmensch weiter
"Raus!" Und tatsächlich flog er aus dem OP. Macht sich nicht gut bei der Bewertung fürs Examen. Klassenclown. 


„Skalpell! Verress-Nadel! Halten! Kompresse!“

Immer noch höchst aggressiv belle ich meine Anweisungenn in den Saal. Nebenan, in der 7, wird gerade die Musik gewechselt – offenbar ist deren erste Operation vorschriftsmässig beendet und während die Anästhesie die aktuelle Patientin aus der Narkose holt und Richtung Aufwachraum bringt, strecken die Aufschneider neugierig den Kopf durch die Verbindungstür.

„Morsche
 Freunde!“

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